Jetzt wird’s sportlich! Im Crossover? Ja, den Grund dafür gibt es jedoch später. Nun hat Volvo den von uns Anfang 2022 im filter getesteten, reinelektrischen XC40 Recharge mitunter mit einem neuen, etwas größeren und schneller aufladbaren Akku ausgestattet. 571 km gibt Volvo dabei für den optionalen „Extended Range“-Akku an. Das ist wirklich satt und will erfahren werden.
Ab zu Svenscar und das Kompakt-SUV vom Hof gestromert. Knapp 165 cm hoch, 444 cm lang und auch über 186 cm breit – der kleinste Volvo ist also nicht wirklich klein, im Gegenteil wie man im Innenraum und dem Platz für Kopf und Beine sowohl vorne als auch hinten im Volvo XC40 sofort bemerkt. Dazu ist jeder Rücksitz einzeln in den Gepäckraumboden klappbar: 452 Liter bis zu maximal 1.328 Liter Gepäckvolumen lassen den ladekantenlosen XC40 Recharge großzügig Transportgut aufnehmen. Dazu kommt noch der „Frunk“ also der front trunk, der vordere Kofferraum für Ladekabel und Sonstiges.
Zeitloses Design: markant, aber straight
Innen erwartet uns eine hochwertige Ausstattung, modern, zeitlos und aufgeräumt. Und dieses zeitlos gilt eben für das gesamte Design des Fahrzeugs. Eines hat sich einfach immer gezeigt: zu rund, zu gekünstelt, zu verspielt ist nach wenigen Jahren out. Vielleicht erinnern Sie sich zum Beispiel an Audis (u. a. B7) der mittleren 2000er, die ungeliebten Spiegeleilichter des 911ers (Mod. 996, 1999) oder an einige Sternrücklichter im Schmetterlingsdesign (u. a. C117) bis vor wenigen Jahren. Der XC40 spart sich solche Allüren, er ist markant, aber straight.
Befehl auf Knopfdruck
Innen thront ein schön integrierter großer Touchscreen im Dashboard. Hier werden wie üblich Einstellungen zum Fahrzeug oder zum Laden vorgenommen, die Radiosender gewählt, die Map für die Navigation eingeblendet, der Verbrauch dargestellt oder unter anderem die Klimatisierung oder Sitzheizung bedient. Alles ist dabei über einfache Menüs mit wenigen Stufen zu steuern – einmal durchgeklickt erklärt es sich von selbst. Volvo hat inzwischen Google in seine Fahrzeuge integriert. Auf Knopfdruck (wer es aktiviert auch mit Sprachkommando „Hey Google“) befiehlt oder fragt man also Google nach der Route oder sonstigem. Die Spracherkennung funktioniert hier perfekt. Wir setzen den Volvo mitten auf einem Feldweg unterhalb von Aufhausen aus und kommen über herrliche einspurige Landstraßen bis nach Schierling, unserem nächsten Zwischenstopp. Sehr nett natürlich auch die Ansage der Dame, als das System kurz nach dem Losfahren noch nicht online verbunden war, wir aber schon nach der Route verlangten: „Leider kann ich das nicht machen, da ich offline bin – du kannst Dir den Weg beschreiben lassen, jemanden anrufen oder einstweilen Radio hören.“ Die ersten vier Jahre sind in Volvos „Digital Services“ enthalten, inkl. aller Datenströme.
XC40 bringt Fahrspaß auf die Straße
Und bei Strömen sind wir auch beim wichtigsten Thema angelangt: it´s all about Power! Wir testen ja viele Stromer aller möglichen Marken. Dass die Fahrzeuge allesamt - egal ob mit viel oder wenig der in Kilowatt oder PS ausgedrückten Leistungsfähigkeit – einfach brutal vorwärts gehen, hat sich inzwischen wohl bei allen Autofahrern herumgesprochen. Sowieso sinnfreie Ampelduelle sind, wenn ein Stromer dabeisteht, noch sinnfreier geworden, im Verbrenner geht da fast immer der Lätschenbeppi um danach. Einzig und allein den Klang eines V8, eines V10 oder das heisere Röcheln eines Flat-6 kann der Stromer nicht zum Fahrerlebnis beisteuern. Und was eben bei vielen Marken noch etwas fehlt, ist das sportliche im E-Mobil. Bei meinen eigenen PS-starken Verbrennersportlern war ab einer gewissen Leistung einfach ein 4-Rad super, um die Power auf die Straße zu bringen. Damit fiel aber auch merklich Spaß in der Fahrdynamik weg.
Und diesen Spaß bringt tatsächlich der XC40 auf die Straße. Das kommt wirklich unerwartet! Aber es hat einen einfachen Grund und der liegt im Achsantrieb. Volvo bietet den Recharge in zwei Varianten: eine Version mit zwei Motoren und massiven 408 PS Systemleistung. Dort werden logischerweise damit auch Vorder- und Hinterachse angetrieben. Aber dann gibt es eben die Single-Engine Variante, bei der nur die Hinterachse angetrieben wird – wahlweise mit 238 PS oder mit der Extended-Range-Version und damit 252 PS und etwas mehr Drehmoment (420 NM). Eine Frage des persönlichen Geschmacks natürlich, aber für mich ist diese Single-Engine Variante ein echter Genuss. Den ersten Teil der Fahrt geht es ruhig und brav zu, bei 100 km/h verbrauchen wir auf ebener Strecke 17 kW/h, bei 130 km/h 26 kW/h. Bei der nutzbaren Akkukapazität von nun 79 kW/h im Extended kommt man damit eben 460 km, respektive 300 km weit. Mischt man dabei Stadt und Land geht es noch deutlich weiter, wie wir wissen ist der mit der Geschwindigkeit steigende Luftwiderstand der größte Feind. Volvo gibt bis zu 571 km an. Machbar ja, im Alltagsmix samt Klimatisierung werden es eher um die 400 km werden, was trotzdem viel ist. Bei 180 km/h ist übrigens Schluss – was die E-Fahrer sowieso eher selten nutzen werden.
Eindeutig sportlicher Ansatz
Auf dem zweiten Teil der Ausfahrt heißt es dann Feuer beziehungsweise Starkstrom frei und da kommt dann eben auch der Heckantrieb zur Geltung. Kein Gezerre an der Lenkung, sauber, präzise und mit gutem Feedback. Wo ein Fronttriebler natürlich sofort überlastet ist und abregelt, nachdem er dem Fahrer Unruhe vermittelt und Lenkkorrekturen abgefordert hat, sitzt der Hecktriebler einfach nur satt am Boden. Die Lenkung wird gefühlt etwas leichter, wenn das Heck sauber nach unten gedrückt wird. Herrlich. Es müsste schon ein perfekt gebauter, größtvolumiger Sportmotor sein (so um und ab sieben Liter), um das Fahrzeug – wie hier – unmittelbar bei Pedalnutzung hinten abtauchen zu lassen. Der Stromer hat die Power eben sofort. Und so macht es wirklich Spaß, aus engen Kurven heraus zu beschleunigen und zu spüren, wann der Grip anfängt dabei abzureißen – trotz der zwei Tonnen Gewicht. Aber keine Sorge – selbstverständlich regeln ab da sofort alle Assistenzen nahezu unmerklich nach, Volvo bleibt Volvo – hier aber eindeutig mit einem sportlichen Ansatz! Wem die 252 Elektro-PS nicht reichen, der sollte sich prinzipiell fragen, ob ein Kompakt-SUV die richtige Wahl ist oder es eben ein reiner Sportler werden soll. Herbst- und Winterfetischisten verbleibt natürlich auch noch der 4-Rad für eventuell glattere Tage oder dem vom ein oder anderen bevorzugten „Fahren wie auf Schienen“.
Den XC40 Recharge gibt es übrigens in vier aufeinander aufbauenden Ausstattungslinien. Dabei beginnt die „Essential“ bei insgesamt 47.500 Euro inkl. der Überführung. Am anderen Ende steht die Ausstattungslinie „Ultimate“, eben das fast All Inclusive Paket mit 55.973 Euro. Die Option Extended Range hat in der Basis schon eine höhere Ausstattungslinie und beginnt bei 50.323 Euro. Spaß gebucht!
Nick Lengfellner | filterVERLAG