Ende März verstarb ein Mann im Rahmen einer polizeilichen Festnahme im Regensburger Norden. Die Hintergründe für das plötzliche Ableben des Mannes waren lange unklar. Nun hat die Staatsanwaltschaft weitere Informationen öffentlich gemacht.
Am 20. März, kam es gegen 19.30 Uhr bei der Festnahme eines Verdächtigen im Regensburger Norden zu einem Todesfall. Vorausgegangen war der Festnahme damals der Verdacht auf eine Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft hoffte schon damals auf die Klärung der Todesumstände durch die angeordnete Obduktion. Nun liegen die Ergebnisse des rechtsmedizinischen Gutachtens vor.
Hergang der Festnahme
Gegen 19.00 Uhr war der Polizei durch eine Anruferin ein Körperverletzungsdelikt gemeldet worden. Die Einsatzkräfte konnten den Verdächtigen wenig später an der Brandlbergstraße in Grünthal stellen. Der 31-jährige Mann widersetzte sich nach Angaben der Polizei der Festnahme und wurde fixiert. Nach dem Eintreffen einer weiteren Streife der Polizeiinspektion Regensburg Nord sollte der mutmaßliche Täter deswegen auch an den Füßen gefesselt werden.
Währenddessen wurde der Verdächtige aus noch unbekannter Ursache bewusstlos und hörte letztlich auf zu atmen. Erste-Hilfe-Maßnahmen der eingesetzten Polizeikräfte und weitere Reanimationsmaßnahmen des kurz darauf eintreffenden Rettungsdienstes blieben nach Angaben der Polizei erfolglos. In einer ersten Stellungnahme konnte die Staatsanwaltschaft einen Herzinfarkt als Todesursache noch ausschließen.
Erklärung für Eintritt des Todes gefunden
Die Staatsanwaltschaft berichtet nun, dass sich laut rechtsmedizinischem Sachverständigengutachten der Todeseintritt bei dem 31-jährigen Verstorbenen mit einem akuten Herzversagen im Rahmen der körperlich anstrengenden Widerstandshandlungen erklären lässt.
Aussagekräftige Hinweise auf eine durch Einwirkung auf Hals oder Brust verursachte Behinderung der Atemtätigkeit liegen der Staatsanwaltschaft nicht vor. Es besteht also laut Staatsanwaltschaft weiterhin kein Anfangsverdacht einer Straftat. Der Staatsanwaltschaft Regensburg liegt nun auch die chemisch-toxikologische Untersuchung des Blutes des Verstorbenen vor. Hierbei wurden das dem Verstorbenen ärztlich verordnete Neuroleptikum Clozapin in therapeutischer Dosis sowie Cannabinoide nachgewiesen.
Rechtsmedizinische Einschätzung der Todesursache
Zudem liegt jetzt die zusammenfassende rechtsmedizinische Einschätzung zur Todesursache vor. Der Sachverständige gelangt zu dem Ergebnis, dass sich der Todeseintritt mit einem Zusammenspiel verschiedener Ursachen erklären lasse. Das Gutachten führt insoweit insbesondere ein grenzwertig hohes Herzgewicht des Verstorbenen mit latenter Versagensbereitschaft der Herzmuskulatur, die Einnahme des Medikaments Clozapin, mögliche Wechselwirkungen mit den nachgewiesenen Cannabinoiden und die geschilderten erheblichen körperlichen Anstrengungen des Verstorbenen im Rahmen der Widerstandshandlungen auf.
Zeugenaussagen aufgenommen und einbezogen
Hierbei stützt sich der Sachverständige insbesondere auf die Aussage mehrerer Zeugen, welche berichtet haben, dass der Kreislaufzusammenbruch des Verstorbenen akut eintrat und nicht fortschreitend. Aufgrund der geschilderten Risikofaktoren lasse sich der Todeseintritt aus rechtsmedizinischer Sicht als akutes Herzversagen im Rahmen der Widerstandshandlungen erklären.
Genaue Todesursache nicht mehr nachweisbar
Eine derartige Todesursache lasse sich nach Angaben der Staatsanwaltschaft jedoch weder durch eine Obduktion noch mikroskopisch nachweisen, weswegen auch keine pathologisch-anatomisch eindeutige Todesursache feststellbar sei. Dies war bereits das Ergebnis der Obduktion und der sich hieran anschließenden feingeweblichen Untersuchungen. Alternativ diskutiert der Sachverständige, inwieweit eine hypothetisch durch die eingesetzten Polizeibeamt:innen verursachte Behinderung der Atemtätigkeit todesursächlich gewesen sein könnte, und beleuchtet die Ursache der im Rahmen beider Obduktionen festgestellten petechialen Einblutungen im Bereich des Schädels des Verstorbenen und der übrigen Verletzungen an dessen Körper.
Reanimationsbemühungen der Polizist:innen
Insoweit führt der Sachverständige aus, dass derartige Stauungsblutungen nicht zwingend auf eine Behinderung der Atemtätigkeit schließen ließen. Vielmehr träten Stauungsblutungen bei verschiedensten Todesursachen, insbesondere 29 Prozent der reanimierten Herztodesfälle, auf. Auch im vorliegenden Fall erfolgten intensive Reanimationsbemühungen durch Polizeibeamte und Rettungskräfte. Zudem spreche gegen eine durch Brustkompression verursachte Atemfunktionsstörung das von den Zeugen geschilderte akute Auftreten des Kreislaufzusammenbruchs. Im Falle einer Brustkompression sei andererseits nämlich von einem langsam fortschreitenden Eintritt des Kreislaufzusammenbruchs auszugehen.
Zeugenaussagen widerlegen ersten Verdacht
Im Rahmen der bisherigen Vorermittlungen konnten insbesondere zwei unabhängige Augenzeugen ermittelt werden, die bereits das Zubodenbringen und die Fesselung des 31-jährigen Verstorbenen bis hin zum Eintritt des Kreislaufzusammenbruchs beobachten konnten. Nachdem keiner der Zeugen ein potenziell strafbares Verhalten der eingesetzten Polizeibeamten:innen schildert und sich auch aus der rechtsmedizinischen Begutachtung keine aussagekräftigen Hinweise auf ein solches Verhalten ergeben haben, besteht weiterhin kein Anfangsverdacht einer Straftat. Der Rechtsanwalt der Familie des Verstorbenen erhält laut Staatsanwaltschaft Gelegenheit, zum Ergebnis der Begutachtung Stellung zu nehmen und ergänzende Fragen zu formulieren.
Staatsanwaltschaft Regensburg / RNRed