Nordrhein-Westfalen gilt als eines der wirtschaftsstärksten Bundesländer Deutschlands. Dabei ist Ostwestfalen-Lippe die Region, die das größte Wirtschaftswachstum aufweist. Was Ostwestfalen-Lippe von anderen unterscheidet und wie sie es geschafft hat, ihr Bruttoinlandsprodukt so stark zu steigern.
Im Bundesland Nordrhein-Westfalen ist Ostwestfalen-Lippe (OWL) diejenige Region, die das stärkste Wirtschaftswachstum verzeichnet. Dies bescheinigt die NRW Bank in einem unlängst veröffentlichten regional-wirtschaftlichen Profil.
Bruttoinlandsprodukt um 32 Prozent gestiegen
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) ist eine wichtige Kennzahl, wenn es um die Ermittlung des Wohlstands einer Region oder eines ganzen Landes geht. In Ostwestfalen-Lippe ist das BIP in den Jahren zwischen 2010 und 2020 um 32 Prozent gestiegen. Im Landesdurchschnitt lag das Wachstum deutlich unterhalb dieser Marke.
Mehr als 29 Prozent der Beschäftigten in OWL arbeiten im produzierenden Gewerbe. Hier liegt ein deutlicher Schwerpunkt auf der regionalen Wirtschaft. Weitere wichtige Branchen in Ostwestfalen-Lippe sind die Möbelindustrie, die Ernährungsbranche sowie der Maschinenbau. Darüber hinaus sind zahlreiche Hersteller von elektrischen Ausrüstungen in OWL ansässig.
Bedeutende Investitionen in Forschung und Entwicklung
In Ostwestfalen-Lippe wird mehr in Forschung und Entwicklung investiert als im Landesdurchschnitt. Insbesondere die Industrie, so der bereits erwähnte Bericht der NRW-Bank, gibt in diesem Bereich überdurchschnittlich viel Geld aus. Zuletzt haben die hiesigen Industrieunternehmen rund 1,2 Milliarden Euro aufgewendet, um in neue Technologien, Produkte und Standorte zu investieren.
Typisch für OWL ist die hohe Dichte an Investorennetzwerken. Ein gutes Beispiel ist „TecUp“, ein Business-Angel-Netzwerk, das erfahrene Unternehmer:innen in der Region Ostwestfalen-Lippe anspricht. Neben Investitionen vermittelt TecUp persönliche Kontakte zu Coaches und hilft den Jungunternehmern, im harten Wettbewerb Fuß zu fassen.
Viele mittelständische Unternehmen in Familienbesitz
Eine Besonderheit der regionalen Wirtschaft in OWL ist die große Zahl an mittelständischen Unternehmen, die sich überwiegend in Familienbesitz befinden. Diese Kontinuität ist für die hiesige Wirtschaft nicht nur ungemein wichtig, sondern auch prägend. Familienunternehmen haben in der Regel eine höhere Profitabilität als Firmen, deren Anteilseigner Stiftungen oder Fondsgesellschaften sind.
Die Unternehmen in Ostwestfalen-Lippe zeichnen sich zudem durch eine starke Mitarbeiterbindung aus. Die durchschnittliche Betriebszugehörigkeit ist in der Region länger als in vielen anderen Teilen Deutschlands. Auch in volkswirtschaftlicher Hinsicht ist die Bedeutung der hiesigen Unternehmen nicht zu unterschätzen: Eine Studie aus dem Jahr 2006, die vom Institut für Mittelstandsforschung in Bonn durchgeführt wurde, weist aus, dass über 40 Prozent aller Umsätze in der Bundesrepublik von familiengeführten Unternehmen erwirtschaftet werden.
Familienunternehmen gibt es übrigens nicht nur im produzierenden Gewerbe. Auch in der IT gibt es familiengeführte Firmen, die zum Beispiel Tools entwickeln, mit denen sich Adobe PDFs zusammenführen lassen.
Innovationslabor OWL: Neue Strukturen für die Unterstützung von Start-up-Unternehmen
Start-ups haben es im Wirtschaftsleben besonders schwer. Um den Gründer:innen den Einstieg zu erleichtern, hat der damalige NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart vor einigen Jahren das Projekt „Innovationslabor OWL“ ins Leben gerufen. An den Standorten Gütersloh, Lemgo, Paderborn, Warburg, Detmold, Bielefeld und Höxter wurden drei Gruppen von Start-ups für jeweils ein Jahr gefördert.
Die Gründungsprojekte verteilten sich auf vier Universitäten und wurden vor Ort durch Coaching-Teams betreut. Die Vermittlung von Know-how erfolgte in Trainingseinheiten, die den Unternehmen je nach Bedarf und Reifegrad angeboten wurden. Jeder Firma wurde ein Mentor zur Seite gestellt. Dabei handelte es sich um eine markterfahrene Führungskraft aus der Region Ostwestfalen-Lippe. Die geförderten Unternehmen profitierten nicht nur von der fachlichen Kompetenz ihres Mentors, sondern auch von dessen Kontakten.
Eine weitere Institution, die sich um die Förderung der regionalen Unternehmen kümmert, ist die Ostwestfalen-Lippe GmbH. Die Gesellschaft fördert heimische Unternehmer und vergibt Innovationspreise. In der Wettbewerbsrunde 2021/22 triumphierte die Denios SE aus Bad Oeynhausen, die eine digitale Lösung zur sicheren Lagerung von Gefahrstoffen entwickelt hat.
Ebenfalls ausgezeichnet wurde auch die Enervate GmbH aus Paderborn. Sie erhielt den Preis für eine intelligente Thermofassade, die imstande ist, den Energieeffizienzstandard von Bestandsgebäuden auf ein bisher nicht gekanntes Niveau zu heben.
Wohnungsmieten in OWL steigen
Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes OWL lässt sich nicht nur am Bruttoinlandsprodukt (BIP) ablesen. Auch die Wohnungsmieten sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen. Im Jahr 2022 kosteten die Mieten in allen Kreisen und Städten mehr als im Vorjahr. Dabei gab es große regionale Unterschiede.
Am höchsten fielen die Preissteigerungen in Bielefeld aus. Lag der Quadratmeterpreis im Jahr 2021 noch bei 7,60 Euro, mussten ein Jahr später acht Euro pro Quadratmeter bezahlt werden. In Gütersloh werden aktuell 7,30 Euro pro Quadratmeter fällig. In Paderborn lagen die Preise im Jahr 2022 mit 8,44 Euro um mehr als 60 Cent über dem Vorjahresniveau.
12 Millionen Euro für Projekt am Airport PAD
Der Flughafen Paderborn-Lippstadt war über lange Zeit ein Stiefkind der Politik. Jetzt sorgt ein neues Projekt, das mit 12 Millionen Euro aus der Staatskasse gefördert wird, bundesweit für Aufsehen. Auf dem Flughafen soll ein Netz aus kleinen Schleppern entstehen, die elektrisch betrieben werden und die Flugzeuge vollautomatisch über das Roll- und Vorfeld manövrieren.
Verantwortlich dafür ist die 2003 gegründete Firma Mototok, die sich auf die Herstellung von Förder- und Hebetechnik spezialisiert hat. Zum Portfolio des Unternehmens zählen Helikopter- und Flugzeug-Schlepper in unterschiedlichen Ausführungen. Die Geräte erfreuen sich einer großen Nachfrage. Vertriebsniederlassungen befinden sich unter anderem in den Benelux-Staaten, Österreich, Frankreich, der Schweiz, Großbritannien, den Vereinigten Staaten sowie in verschiedenen osteuropäischen Ländern.
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