Seit Ende des vergangenen Jahres beschäftigt uns die Kriminalität in Regensburg. Besonders rund um den Regensburger Bahnhof ist die negative Entwicklung besonders präsent. Viele stellen sich die Frage, ob wir hier ein Problem mit organisierter Kriminalität haben. Und ab wann gilt diese Einstufung eigentlich? Wir haben bei der Polizei und der Staatsanwaltschaft nachgefragt.
Bereits in Teil I unseres Bahnhof-Reports wurde das Thema „Organisierte Kriminalität“ diskutiert. Einige Menschen, die das Geschehen im Bahnhofsumfeld in letzter Zeit genauer beobachtet haben, sind nach wie vor der Meinung, dass die Kriminalität nicht nur gestiegen sei, sondern auch eine Art organisierte Kriminalität am Regensburger Bahnhof stattfinde. Wir haben uns daher mit einer der uns zugesandten Fragen an die Polizei und Staatsanwaltschaft gewendet: „Warum handelt es sich in diesem Fall nicht um organisierte Kriminalität, obwohl offensichtlich mehrere Personen häufig zusammenwirken?“
Man dürfe die Begrifflichkeiten nicht verwechseln
Matthias Gröger, Polizeihauptkommissar und Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberpfalz, beschreibt, dass durchaus immer wieder festzustellen sei, dass unterschiedliche Personen gemeinsam agieren, betont jedoch, dass man an der Stelle die Begrifflichkeiten nicht verwechseln dürfe: „Bei den Diebstahlsdelikten zum Beispiel hatten wir durchaus schon Fälle, in denen drei Personen gemeinsam einen Betrunkenen angegangen sind und ihm das Handy gestohlen haben. Diese Personengruppen organisieren sich in gewissem Maße, also einer lenkt das Opfer ab, der andere begeht die Tat. Wenn man mit mehreren Leuten eine Straftat begeht, muss man sich natürlich immer irgendwie organisieren und absprechen“, so Gröger.
Noch keine organisierte Kriminalität – gewisse Strukturen durchaus vorhanden
Trotzdem handle es sich an der Stelle noch nicht um eine der Begrifflichkeit nach „Organisierte Kriminalität“. „Hierzu müsste eine größere Struktur im Hintergrund vorhanden sein, in der ein Teil als Abnehmer der Ware agiert oder diese beispielsweise wieder weiter verschickt bzw. verkauft. Und wir haben nicht die Erkenntnisse, dass das alles von A bis Z durchgeplant ist“, erläutert der Polizeihauptkommissar im Interview.
Im Rahmen der Vorstellung des Sicherheitsberichts erläutert Robert Fuchs, Dienststellenleiter der Kriminalpolizei Regensburg, Ähnliches. Er beschreibt auch, dass man etwa im Bereich der Rauschkriminalität unterstellen kann, dass hier gewissen Strukturen vorliegen, betont aber auch, dass hier ein größerer ermittlungstechnischer Aufwand von Nöten wäre. In der Pressekonferenz wurde auch deutlich, dass im Bereich des Diebstahls spezieller Handtaschen und Handys Strukturen unterstellt werden würden. Es sei beobachtet worden, dass genau diese geklauten Gegenstände dann in anderen Ländern plötzlich zum Verkauf aufgetaucht seien.
Wann handelt es sich um organisierte Kriminalität?
Christina Bierhenke, Staatsanwältin als Gruppenleiterin und stellvertretende Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Regensburg, bekräftigt, dass es durchaus nicht auszuschließen sei, dass am Hauptbahnhof in Regensburg Banden vor Ort seien, betont jedoch wie Polizeihauptkommissar Gröger, dass hier klar zwischen Banden und organisierter Kriminalität differenziert werden müsse: Zur Erläuterung führt sie die Definition von „Organisierter Kriminalität“ unter www.bka.de an:
Die bundesweite Gemeinsame Arbeitsgruppe Justiz/Polizei (GAG) hat im Mai 1990 die folgende Definition „Organisierte Kriminalität“ entwickelt:
„Organisierte Kriminalität ist die von Gewinn- oder Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig
- unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen,
- unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel oder
- unter Einflussnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken.“
„Von organisierter Kriminalität dürfte man hier daher nicht sprechen können“, erklärt Bierhenke.
Wie unterscheiden sich Ermittlungen im Falle von organisierter Kriminalität?
Auf die Rückfrage, ob und wie sich Ermittlungen unterscheiden würden, wenn es sich um organisierte Kriminalität handeln würde, antwortet sie, dass sich diese hauptsächlich dadurch differenzieren, dass im Falle von organisierter Kriminalität längerfristige Ermittlungsmaßnahmen wie etwa Observationen oder Telefonüberwachungen stattfinden würden.
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