Am Donnerstag erreichte die seit Jahresbeginn geführte Debatte über die Zukunft des Galeria Kaufhof-Gebäudes einen vorläufigen Höhepunkt. In der nur zum Teil öffentlichen Stadtratssitzung fiel die Entscheidung, dass die Stadt ihr Vorkaufsrecht nicht ausüben wird. Wie es zu dieser Entscheidung kam, warum diese nicht alle Parteien mittragen und wie es nun weitergeht.
Die Stadtratssitzung am gestrigen Donnerstag, den 27. Februar, hatten viele erwartet. So fanden sich auch im Gästebereich wieder viele Besucher. Sogar eine Schulklasse hatte ihren Weg ins neue Rathaus gefunden.
Käufer ist Privatperson nicht muslimischen Glaubens
Zu Beginn des Themas Galeria Kaufhof fasste Oberbürgermeisterin Gertrud Maltz-Schwarzfischer die Situation zusammen und verkündete, dass in Zukunft nicht von den Plänen für das Galeria Kaufhof-Gebäude gesprochen werde, sondern nun die Formulierung „Neupfarrplatz 8“ verwendet werde. Sie stellte außerdem klar, dass der Käufer eine Privatperson aus Israel sei, die nicht muslimischen Glaubens sei. Also nicht, wie zunächst vermutet, eine Investorengruppe aus Nahost. Der vermeintliche Sprecher der Investorengruppe, die angeblich den Neupfarrplatz 8 kaufen wollte, sei der Stadt weiterhin nicht bekannt. Die Stadt habe eine spezialisierte Kanzlei mit Nachforschungen betraut und es konnte keine Verbindungen zwischen der Investorengruppe und dem Käufer festgestellt werden.
Die OB betonte außerdem, dass die Stadt zum Verkäufer, der Kaufhof Regensburg GmbH, Kontakt über einen Ansprechpartner habe. Dieser sei nach der Kaufurkunde für die Käuferseite empfangsberechtigt, was die OB als komisch bezeichnete.
„Das ist sehr unwahrscheinlich bis nicht wahr“
Laut Kaufvertrag sei das, was der Käufer entwickeln möchte, wie bereits bekannt, ein islamisch-arabisches Kulturkaufhaus. „Es hieß, dass es sich beim Käufer um einen international agierenden Fachmann in der Immobilienentwicklung handelt“, so die Oberbürgermeisterin. „Das ist sehr unwahrscheinlich bis nicht wahr“, ordnete sie die Informationen ein. Er sei weder ein ausgewiesener Fachmann der Immobilienentwicklung noch finanziell in der Art und Weise leistungsfähig, als dass er das Vorhaben umsetzen könnte. Das habe die Stadt recherchiert.
Abgekartetes Spiel?
Zudem wurde der zu hohe Kaufpreis thematisiert. Das Gutachten des Gutachterausschusses habe einen deutlich geringeren Preis für die Fläche ausgewiesen.
Alles das deute laut der Oberbürgermeisterin darauf hin, dass die Stadt gesellschaftspolitisch und öffentlichkeitswirksam unter Zugzwang gesetzt werden sollte, um überteuert einen Vorkauf wahrzunehmen. „Das ist der Stand“, schließt die OB die Schilderung der aktuellen Erkenntnisse.
Zusätzliche Verfügungssperre zum Schutz der städtebaulichen Entwicklung
Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer sprach erneut über wirksame rechtliche Mittel, die der Stadt zur Verfügung stehen. Geplant ist eine Anpassung von § 144 BauGB, der das Vorkaufsrecht in Sanierungsgebieten regelt. Neben der bereits bestehenden Veränderungssperre soll laut der OB nun eine Verfügungssperre festgelegt werden. Diese würde über die Veränderungssperre hinausgehen und sicherstellen, dass Grundstückseigentümer ihr Grundstück weder verkaufen noch belasten können, bevor die Stadt eine Entscheidung über die städtebauliche Entwicklung getroffen hat.
Innovative Nutzungskonzepte gefordert
Im nächsten Schritt stellt die Stadt demnach einen Bebauungsplan auf, in dessen Rahmen verschiedene Nutzungsmöglichkeiten festgelegt werden. Die Entwicklung anhand der städtischen Ziele sei wichtig, unabhängig davon, ob die Stadt das Gebäude in ihr Eigentum bringe oder ob ein seriöser Investor es weiterentwickle, erklärte die Oberbürgermeisterin.
Dr. Gino Meier beschreibt, dass ein reines Warenhaus an der Stelle an Bedeutung verloren habe. Außerdem breche das Gebäude seiner Ansicht nach mit der städtebaulichen Struktur. „Im Moment unterbricht es die Passantenführung in der Fußgängerzone, ohne dass es einen Nutzen mit sich bringt.“ Es gehe um die Steigerung der Aufenthaltsqualität in der Stadt, um eine zukunftsorientierte Ausrichtung und innovative Nutzungskonzepte.
Ein großes Ziel der Stadt ist es, einen Nutzungsplan zu erstellen, der den Handel wieder belebt. Die Idee ist, dass eine Mischung der unterschiedlichen Branchen und verschiedenen Konzepte etabliert wird. Multifunktionale Räume sollen entstehen, eine kulturelle Vielfalt erzeugt und ein Beitrag zur touristischen Wertschöpfung geleistet werden.
„Wer soll denn das kaufen, wenn man damit kein Geld verdienen kann?“
Die Frage danach, welche Konzepte an der Stelle umgesetzt werden sollten, um die große Fläche sinnvoll zu nutzen, wurde im Anschluss unter den Parteien lebhaft und kontrovers diskutiert.So kritisierte Michael Lehner (CSU) die große Anzahl von konsumfreien Räumen und Kultur, die laut der Planung vorgesehen sind. „Welcher Investor soll das denn kaufen, wenn man damit kein Geld verdienen kann?“ Er bestätigte: „Wir müssen uns nicht verarschen lassen, das ist vollkommen richtig.“ Es sei allerdings sehr wichtig, hier seitens der Stadt Geld zu investieren.
Dr. Helene Sigloch (Bündnis 90 die Grünen) entgegnete, dass im Plan allerdings auch unter anderem Gastronomie, Dienstleistungen und großflächige Handelsflächen aufgeführt seien. Lehner hielt jedoch an seiner Ansicht fest, dass an dieser Stelle überwiegend kommerzielle Nutzung notwendig sei. Florian Rottke (Verein Brücke) führte wiederum an, dass Nutzungen in den oberen Stockwerken auch als Frequenzbringer für die unteren dienen könnten – „unabhängig davon, ob Konsum oder nicht Konsum“. Auf diesem Wege könne auch in den unteren Stockwerken mehr Umsatz erzielt werden.
Klare Sanierungsziele notwendig
Man muss das Gebäude nicht betreten, um zu erkennen: Der ehemalige Galeria Kaufhof-Komplex ist stark sanierungsbedürftig. Für die Feststellung der Sanierungsziele hat die Stadt nun eine Kurzstudie in Auftrag gegeben. In einer Präsentation zeigte Dr. Gino Meier diese auf.
„Die Festlegung der Sanierungsziele ist zur Sicherung des Vorkaufsrechts nötig“, so die OB und ergänzte, dass es nicht nur für diesen, sondern auch für alle künftigen Fälle nötig sei, diese zu definieren und zu beschließen.

Das Banner, das an der Alten Wache angebracht wurde, sorgte für Aufregung in der Stadt.
Diskussion um Vorkaufsrecht
Verschiedene Parteien sprachen sich bereits im öffentlichen Teil gegen das Vorkaufsrecht aus. Vielfach kam das unseriöse Verhalten, nicht zuletzt aufgrund des großen Banners, das stadtweit für Aufsehen gesorgt hatte, zur Sprache. Horst Meierhofer (FDP) etwa betonte in Bezug auf das Banner: „Da wird es langsam wirklich albern.“ Er fände es daher richtig, dass man sich auf diese Spielereien nicht einlasse.
Die CSU wiederum sprach sich klar für eine Ausübung des Vorkaufsrechts aus. „Der schnellstmögliche Weg, Leerstand zu vermeiden, ist es nicht, Stillstand zu zementieren. Das schnellste Mittel ist nicht, sich eine Satzung zu überlegen, nach der man nichts mehr verändern darf“, kritisiert Michael Lehner (CSU). Bürgermeisterin Astrid Freudenstein ergänzte: „Wenn man an der Stelle Leerstand hat, ist das Leidensdruck genug. Wir befinden uns in der gleichen Situation wie dutzend andere Städte.“ Dabei handle es sich um den schlimmsten Leerstand, der der Stadt drohe. Sie kritisierte daher, das Verhalten, sich nun zu freuen, dass „wir erkannt haben, dass es Gauner sind.“ Sie habe vor Kurzem im Urlaub in Singapur selbst ein islamisches Kulturkaufhaus gesehen: „Das sieht exakt so aus wie unser Kaufhaus in Regensburg.“ Sie glaube deshalb nicht, dass man in Regensburg so ein Konzept verhindern könne, nur weil man dort „Tücher statt kurze Röcke“ verkaufe. „Wir müssen im Blick haben, wo wir investieren müssen, um Schlimmeres zu verhindern“, betonte sie abschließend.
Die Entscheidung ist gefallen
Die Abstimmung, ob die Stadt nun Gebrauch vom Vorkaufsrecht macht oder nicht, fand anschließend nicht-öffentlich statt. Im Nachgang stand OB Maltz-Schwarzfischer jedoch für Fragen zur Verfügung.
Die zentrale Frage zuerst: Macht die Stadt nun Gebrauch vom Vorkaufsrecht? Die Antwort von Oberbürgermeisterin Maltz-Schwarzfischer: „Die Abstimmung hat ergeben, dass ein Vorkaufsrecht nicht ausgeübt wird. Das hat verschiedene Gründe. Aber ein Hauptgrund ist, dass man nur einen Teilvorkauf machen könnte, denn es ist nur ein Teil verkauft worden und in diesem Kaufvertrag erfasst.“

Großteil der Alten Wache nicht Teil des Kaufvertrags
Ganz wesentliche Teile des Gebäudes, zum Beispiel ein Großteil der Alten Wache und der Eingangsbereich zum Neupfarrplatz seien überhaupt nicht vom Vorkauf betroffen. „Das heißt, wir könnten nicht uneingeschränkt über das Gebäude verfügen, könnten nichts entwickeln, bevor wir nicht noch den Teil, der das Erbbaurecht betrifft, gelöst hätten.“ Das beschreibt Maltz-Schwarzfischer als deutliche Komplikation.
Preis deutlich zu hoch
Als zweite Begründung nennt sie den Preis: „Der Preis, der im Kaufvertrag steht, ist laut unserem Verkehrswertgutachten deutlich überhöht. Und das ist nicht alles. Es kommt noch der Preis für den Teil hinzu, den wir noch gar nicht haben“, so die OB. Außerdem hätte die Stadt mit längeren Leerstandszeiten zu rechnen, bis das geklärt sei. So würden wieder Betriebskosten während einer nötigen Zwischennutzung aufkkommen. „Das heißt, wir kämen auf eine unglaubliche Summe. Ich habe schon mal von einem Millionengrab gesprochen – und das wäre der Fall, noch bevor man überhaupt ans Sanieren oder Abbrechen und Neubauen denken kann.“ Sie ist zudem überzeugt davon, dass eine Konzeptausschreibung nichts bringen würde, da zu diesem Preis kein Investor kaufen würde. „Das heißt, die Stadt würde erheblich drauf zahlen und das ist etwas, was ich dem Stadtrat in keinem Fall empfehlen konnte.“
Auf die Frage, für wie wirksame die OB eine Festlegung des Babauungsplans sowie eine Verschärfung der Sanierungsziele halte, antwortete sie mit: „Sehr wirksam.“
Stadt sei in keinem Fall islamfeindlich
Sie betonte erneut, dass die Stadt Regensburg in keinem Fall islamfeindlich sei oder diese Bevölkerungsgruppe ausschließen wolle. „Aber in der Dimension so eine eindimensionale Nutzung zu haben, das kann nach unserer Ansicht weder wirtschaftlich durchgeführt werden, noch bringt es das, was wir an der Stelle brauchen. Wir brauchen dort einen Frequenzbringer oder unterschiedliche Frequenzbringen.“ Sie sprach in dem Fall erneut von der Möglichkeit, das Gebäude abzureißen und mehrere Gebäude daraus zu machen. „Es müssen verschiedene Nutzungen sein, die unseren Sanierungszielen – das sind Multifunktionalität der Altstadt, Schwerpunkt Handel, aber auch Gewerbe und Wohnen – unterstützen.“
So geht es weiter
Maltz-Schwarzfischer erklärte, dass nun zunächst sowohl die Verkäufer- als auch die Käuferseite über die Entscheidung informiert werden. „Wir sind im Austausch mit dem Anwalt, der die Verkäufer-Seite vertritt. Zum Käufer haben wir nach wie vor keinen Kontakt.“ Mit dem Sprecher der Erbengemeinschaft seien sie in einem guten Austausch. Nun bleibt abzuwarten, welche Schritte seitens des Käufers folgen.
Damit bleibt die Zukunft des Kaufhof-Komplexes beziehungsweise Neupfarrplatz 8 vorerst weiter offen.
Marina Triebswetter | RNRed